Kronsrode am Kronsberg-Süd gilt als Vorzeigeprojekt für zeitgemäßes Wohnen. Doch was macht guten Städtebau aus? Experten der Landeshauptstadt Hannover (LHH) und aus der Wohnungswirtschaft sind sich einig: Im Mittelpunkt stehen die Menschen, die dort später wohnen.

Es müssen attraktive Lebensräume sein, die sich die Menschen aneignen können“, erläutert Torsten Rückert vom Fachbereich Planen und Stadtentwicklung der Landeshauptstadt Hannover (LHH). Diese Philosophie bildet das Fundament für Kronsrode, offiziell Kronsberg-Süd. Auf 53 Hektar Fläche entsteht ein Vorzeigeprojekt für zeitgemäßen Städtebau, das die LHH gemeinsam mit namhaften Bauträgern realisiert. Die Basis dafür bildet eine 108-seitige Gebrauchsanweisung (GBA), die von den Projektbeteiligten als verbindliche Grundlage erarbeitet wurde und herangezogen wird. Für die Planung konnten mit Astoc Architekten Köln, West 8 urban design & landscape, Rotterdam, sowie SHP-Ingenieure renomierte Planungsbüros gewonnen werden.
Der Entwurf ist geprägt von der Lage des Wohnquartiers am Landschaftsraum Kronsberg. Es müsse „trotz einer gewissen Kompaktheit und Dichte gelingen, Rückzugsorte für die Menschen zu schaffen, die gleichzeitig geeignet sind, dass man sich begegnet“, sagt Dirk Streicher, Vorstandsvorsitzender der beteiligten Delta Bau AG. Diesem Anspruch wird Kronsrode mit einem zentralen Stadtteilpark, drei Quartiersplätzen und begrünten Innenhöfen gerecht.
Der Stadtteilpark und der benachbarte Iris-Runge-Platz sind das Herzstück und die Visitenkarte des Quartiers. Zudem verbindet der Park das Gebiet mit dem offenen Landschaftsraum und seinen Naherholungsgebieten. Er gliedert das Baugebiet in drei eigenständige Quartiere, die sich jeweils um einen begrünten Quartiersplatz als zentralen Lebensmittelpunkt entwickeln können. „So entstehen übersichtliche Einheiten mit jeweils einer eigenen Identität, denn jeder Platz wird aufgrund seiner Grundrissform seinen eigenen Charakter entwickeln“, erläutert Rückert.

Straßen laden zum Verweilen ein

Die Städtebauplanung geht weit über das Thema Grünflächen hinaus. Sie schließt ein umfängliches Straßenkonzept ein. Straßen, so die Überzeugung, sind nicht nur reine Verkehrswege, sondern Lebensräume, die im Idealfall dazu einladen, sich dort gern aufzuhalten. Die Kattenbrookstrift, Hauptmagistrale und Verbindung zum ehemaligen Expo-Gelände, ist daher als vierreihige Baumallee angelegt. Breite Wege und Abstellmöglichkeiten sollen den Fuß- und Radverkehr fördern, sodass beides zu einer willkommenen Alternative zum Auto wird. Die Idee hinter Kronsrode lautet, eine „Stadt der kurzen Wege“ zu erschaffen. Geparkt wird mehrheitlich in Tiefgaragen, die frei gehaltenen Flächen werden zu privat und gemeinschaftlich nutzbaren Wohnhöfen, unter anderem mit Kinderspielplätzen.
Auch die Frage, welche Bäume gepflanzt werden, wird in der GBA beantwortet. „Bäume mit großen breiten Kronen an der Magistrale, schmale schlanke Kronen beispielsweise für die Straße am Stadtteilpark“, nennt Rückert einen der vielen Eckpunkte im sogenannten Leitbaumkonzept. So werde die Funktion der jeweiligen Straße für das Gebiet schnell erkennbar. Das helfe Menschen, sich in Kronsrode zu orientieren – eine wichtige Voraussetzung dafür, sich heimisch zu fühlen.

Individuelle Ideen für jedes Baufeld

In die GBA haben die Verantwortlichen nicht nur eigene Expertise einfließen lassen, sondern auch die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung, zu denen die LHH mehrmals eingeladen hatte. Ebenso wurden die benachbarten Gewerbetreibenden und die Politik einbezogen und trugen mit ihren Anregungen zur Gestaltung der Siedlung bei. Zufrieden waren LHH und Bauträger noch nicht. Ihr Ziel: Kronsrode soll trotz seiner Größe Individualität ausstrahlen. „Ein einzelner städtebaulicher Wettbewerb allein reicht nicht“, betont Streicher. Für jedes Baufeld gibt es einen Hochbauwettbewerb, bei dem je vier wechselnde Architekturbüros Entwürfe einreichen, die Beteiligung von Landschaftsplanern ist Pflicht.

Hannovers Südstadt war das Farbvorbild

Die GBA regelt ferner Details wie zum Beispiel die Farbgebung. Warme Naturtöne von Rot über Braun und Beige bis hin zu Graunuancen prägen das Gebiet. Die hannoversche Südstadt diente Rückert zufolge als Vorbild. Geförderter Wohnungsbau ist in Kronsrode über alle drei Quartiere und jedes Baufeld verteilt. Eine Entscheidung, die international positive Beachtung gefunden hat. Auch wird in den Baufeldern klassischer Geschosswohnungsbau mit Townhouses gemischt.
Ein Höhenkonzept mit vorwiegend drei- bis viergeschossiger Bebauung sorgt in Kronsrode für eine ruhige Stadtsilhouette. Nur punktuell, unter anderem am Nordeingang Kronsrodes, setzen einzelne höhere Gebäude Akzente. Diese Bauweise ermöglicht vielen Menschen von der Wohnung aus den unverbauten Ausblick Richtung Kronsberg. „Guten Städtebau macht aus, dass man nicht einfach die Schublade aufmacht und umsetzt, was vor 25 Jahren geplant war“, so Rückerts Fazit.

Beste Voraussetzungen erschaffen

Mit rund 4.000 Wohneinheiten für etwa 8.000 Menschen, einer umfassenden Infrastruktur und der Nähe zur Stadtbahn setzt Kronsrode Maßstäbe. „Ich kann vor der Haustür im Grünen am Ines-Runge-Platz in der Eisdiele sitzen, zum Konzert oder zum Handball auf die Expo-Plaza gehen und bin mit der Stadtbahnlinie in 20 Minuten am Kröpcke“, fasst Streicher den Gedanken hinter dem Slogan „Draußen in der Stadt“ zusammen. Angebote für sowohl ältere als auch jüngere Menschen seien wesentlicher Bestandteil des Konzepts. Neben einer guten Verkehrsanbindung sind ein ortsnaher Einzelhandel, Krippen und Kitas sowie eine Schule essenziell.
Bei der Entwicklung des Quartiers sind nicht nur LHH und Wohnungswirtschaft beteiligt gewesen, auch Institutionen wie der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten sowie die Architektenkammer waren beratend tätig. Die Immobilien werden nach Fertigstellung von den Erbauern weiter betreut. „Wer seine Quartiere verwaltet, trägt große Verantwortung und muss bei Bedarf auch Nachsorge betreiben“, sagt Diplom-Ingenieur und Architekt Andreas Jacobi, Geschäftsführer der PHI Kronsrode Grundstücks GmbH. Letztlich, so Jacobi, hängt der Erfolg auch von den Menschen ab, die dort leben und arbeiten. Kronsrode, da sind sich alle sicher, bietet beste Voraussetzungen.